Freitag, 28. Februar 2014

Von Schiffbruch und Rettungsboot

Kardinal Kasper (hier, Lektüre empfohlen) spricht davon, dass die Kirchenväter für die "Schiffbrüchigen" (in der Sünde verstrickten) ein "Rettungsboot" gekannt hätten, und er meint, dieses sei die Eucharistie. Darum schlägt Kasper vor, dass zivil Geschiedene und Wiederverheiratete "in Einzelfällen" nach einer Zeit der Buße (was bei der Gleichgültigkeit und Willkür, die z.Z. viele Hirten in Deutschland befallen hat, soviel heißt wie: jeder der will) den Kommunionempfang ganz offiziell zu gestatten.

Es seien im Folgenden ein paar Worte dazu gesagt.


Die Kirchenväter gebrauchen vielerlei nautische Bilder, um das Heilsgeschehen zu illustrieren: Die (gefallene) Welt ist das (todbrigende) Meer, die ewige Vollendung bei Gott der Hafen.  
Die Kirche, das Kreuz Christi und auch die Buße werden in den Bildern des Schiffes oder der Planke betrachtet. 
Vorausgesetzt ist bei diesem Gedanken: Alles, was nicht "Kirche" ist, ist bereits schiffbrüchig. Der Schiffbruch ist quasi die Ausgangslage, der Zustand, in dem sich der Mensch (und die ganze Welt) befindet. Es gibt auch die Rede vom "Seelenschiff" des je Einzelnen, das das Meer befährt Richtung Hafen.
Die Kirche ist Schiff, und wird als "aus dem Holz des Kreuzes gefertigt" betrachtet (die Arche Noahs ist dafür das Vorbild). Die Kirche bzw. das Schiff wird auch als "erste Planke"  bezeichnet, die uns aus dem Schiffbruch rettet durch die Taufe.
Auch von einer "zweiten Planke" sprechen die Väter, die nach erneutem Schiffbruch erneute Rettung bringt (secunda post naufragium tabula). Diese ist die Buße, die die Taufgnade wiederherstellt. Dazu muss man wissen: In der Väterzeit gab es noch keine regelmäßige Beichte, sondern nur die einmalige (!) Gelegenheit der Buße.
Es kann passieren, dass der Gläubige auf dem Schiff vom Glauben abfällt und also "über Bord" geht, oder dass sein "Seelenschiff" durch die Sünde Schiffbruch erleidet. Rettung gibt es nur, indem man entweder wieder an Bord zurück kommt (Rückkehr zur Kirche nach dem Abfall) oder indem man, nach dem Schiffbruch des "Seelenschiffes" durch die Sünde, mittels der "zweiten Planke" ohne Schiff mühsam zum Hafen schwimmt. Freilich ist zu beachten, dass die Buße das Ablassen von der Sünde bedeuten musste, denn erneute oder gar schlicht fortgesetzte Sünde würde den Verlust auch dieser zweiten (und letzten!) Planke bedeuten.

Diese Rede von den beiden Planken des Heils (plancae salutis) war in Altertum ein katechetischer Gemeinplatz, der aber bald (6. Jhd.) in Vergessenheit geriet. Erst in der Hochscholastik (12. Jhd.) taucht das Bild wieder auf, was uns hier aber nicht interessieren braucht, weil es nicht das ist, worauf sich Kardinal Kasper bezieht.*

Dass die Kirchenväter auch die Eucharistie als solch eine Planke oder gar ein "Rettungsboot" betrachtet haben sollen, ist mir neu. Noch nie gehört (was freilich nichts heißen muss, ich bin kein Patristiker). Außerdem scheint es mir unvereinbar mit der dargelegten allgemein bekannten und gebräuchichen Bildsprache der zwei Planken zu sein. Unzutreffend sowieso, weil die zweite Planke die der Buße ist, und ein vortgesetztes Sündigen damit sicher nicht gemeint sein kann, denn, das muss man wohl betonen, auch diese zweite Planke kann der Mensch verlieren.
Bin gespannt, ob Kasper für seine Behauptungen Quellen nennt in dem Buch, das uns demnächst beglücken soll...


* Ganz toll nachlesen kann man das alles v.a. in dem großartigen und absolut konkurrenzlosen Standardwerk von Hugo Rahner: "Symbole der Kirche. Die Ekklesiologie der Väter", das Kardinal Kasper ganz gewiss sehr gut kennt, zumal er sich in seiner eigenen Ekklesiologie des Öfteren darauf bezieht.

5 Kommentare:

  1. Rahners Buch ... ein Werk, die ich einmal an jemanden (aber an wen?) ausgeliehen und nicht mehr zurückerhalten habe *jammer* ...

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    1. Sicher nicht an mich, ich hab teures Geld dafür gezahlt :P

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  2. Johannesevangelium, 6. Kapitel (Vers weiß ich nicht auswendig): Wer unwürdig isst und trinkt, isst und trinkt sich das Gericht.

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    1. das stammt von Paulus, Im 6ten Kapitel des Johannesevangeliums steht, das sein Leib wahrhaft eine Speise sie und man ohne diese nicht gerettet werden kann.

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    2. Es ist Paulus (1Kor 11). Aber so einfach ist das mit dieser Stelle nicht. Was Paulus hier mit "unwürdig" (gr. anaxios) meint, ist gar nicht so einfach zu klären! Ich werde, wenn ich die Zeit finde, darauf demnächst mal näher eingehen.

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